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Aus dem Archiv: Wächterhaus zwischen den Kirchtürmen
Heiligenstadt im Eichsfeld
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Heiligenstadt · Sonntag 07 Apr 2024
Tags: Marienkirche
"Wer von uns weiß heute noch, daß einst zwischen den Türmen der Altstädter Kirche in Heiligenstadt ein zweistöckiges Wächterhäuschen stand? Mehr als 80 Stufen waren zu ersteigen bis zu der luftigen Wohnung des Türmers. Bis 1859 war Josef Gottesleben Stadtmusikus und Turmwächter. Er ließ sich auf dem Turm vertreten und wohnte selbst in der Stadt. Nebenbei betrieb er die Gaststätte „Zur Blume“. Die Obliegenheiten des Stadtmusikus waren weitgehend. U. a. hatte er auch Musik bei den Prozessionen und bei den Veranstaltungen der Schützengesellschaft zu stellen.

Ebenso gehörte dazu das Aufziehen, Stellen und Schmieren der Turmuhr. Dann gab es viele Brände zur damaligen Zeit. Da konnte man dann die Sturmglocke und Feuerhorn mit grausigem Getön gar oft zur Nachtzeit vom Turm hören. Als Gottesleben pensioniert war, wurde die Witwe des Invaliden Karl Hardegen als Turmwächterin angestellt. Sie bekam außer der Wohnung auf dem Turm ein Jahresgehalt von 54 Talern, fünf Taler Öl und Holz einer halben Gerechtigkeit. Den Dienst auf dem Turm aber besorgte hauptsächlich ihre Tochter Johanna, die allgemein „Turmhannchen“ genannt wurde und auch die letzte Inhaberin dieser „höchsten Stelle“ gewesen ist.

Beim Glockenläuten gingen ihr die Meßdiener zur Hand. Auch machten sie für Hannchen Besorgungen in der Stadt und schafften Lebensbedürfnisse für die beiden Frauen hinauf. Johanna und ihr Heim waren Anziehungspunkt für viele. Schon 1876, also zehn Jahre vor dem Abbruch der Türmerwohnung, zogen Mutter und Tochter wegen Krankheit bzw. Alters vom Turme herab in das Bank‘sche Haus am Altstädter Kirchhof. 1882 starb Hannchen im Alter von 49 Jahren. Die leerstehende Wohnung auf dem Turm benutzte Küster Frohne bis zum Abbruch für seine Kanarienzucht."

Quelle: Thüringer Tageblatt 1982 – Bild: Türmerwohnung an der Marienkirche vor dem Abriss 1886 (bearbeitet – Fundus Franz Bader) © Thomas Schuster


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