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Die "Salatglocke" der Klauskirche
Aber noch etwas anderes erinnert bis heute an diesen Überfall der Huchelheimer. Jedes Jahr in der Zeit von Ostern bis Michaelis hört man in der gleichen Abendstunde die helle Stimme einer kleinen Glocke über die Stadt klingen. Im Volksmund nennt man sie das Salatglöckchen. Was dieses Läuten mit dem Überfall zu tun hat? Als Dank an die Heimensteiner, die sich bei der Überrumpelung so tapfer geschlagen hatten, bestimmte der Vogt, daß allabendlich zu der Stunde des Gewaltstreiches die Glocke der Klauskirche geläutet werde. Dieser Brauch hat sich erhalten bis in unsere Tage.

Jeder echte Heiligenstädter kennt dieses zarte Bim-bim zur Sommerszeit und weiß, daß das „Salatglöckchen“ läutet. Nun ist das gewiß ein eigenartiger Name für die Glocke einer Kirche – und seien beide noch so klein. Doch auch für diese merkwürdige Bezeichnung gibt es eine Erklärung. Man darf sicher annehmen, dass die ursprüngliche Bezeichnung „Salutglöckchen“ gewesen ist. Zumal während ihres Läutens in den Familien der „Engel des Herrn …“ (Englischer Gruß – salutatio angelica) gebetet wurde.

Bevor es in der Stadt eine Wasserleitung gab, befanden sich in fast allen Straßen Brunnen. Auch am Fuße des Klausberges gab es eine solche Wasserstelle, an der die Heimensteiner das kostbare Naß schöpften. Da die Frauen auch in früheren Zeiten schon gern ein Schwätzchen hielten, kamen sie meist zur Abendzeit, wenn das Glöckchen läutete, am Brunnen zusammen und besprachen die Tagesereignisse. Da die Mahlzeiten weitaus weniger anspruchsvoll waren als heute und man sich im wesentlichen von den Eigenerzeugnissen aus Haus, Hof und Garten ernährte, wurde bei dieser Gelegenheit der Salat für das Abendessen gewaschen. Und nach dem Volksmund rief dann die Glocke: „Salat — Salat — Salat“. Säumige Hausfrauen oder solche, die sich verspätet hatten, wurden auf diese Weise daran erinnert, dass es Zeit zur Bereitung des Abendessens war. So ist aus dem Wort Salutglöckchen das Wort Salatglöckchen entstanden und hat sich erhalten bis heute.

© Thomas Schuster Heiligenstadt
Die Klauskirche wurde vermutlich auf einer ehemaligen heidnischen Kultstätte erbaut. Eine alte Überlieferung aus Göttingen besagt, dass an diesem Ort später eine Kirche errichtet wurde, nachdem Priester aus Rom kommend, von dort Reliquien des Heiligen Nikolaus, Bischof von Myra, mitgebracht hatten. Tatsächlich wurden am 9. Mai 1087 die Reliquien des Heiligen Nikolaus aus Kleinasien nach Italien überführt. Sie gelangten über Heiligenstadt nach Göttingen, aus diesem Grunde könnte die Kirche ihren Namen erhalten haben.

Die Klauskirche wurde im 14. Jahrhundert in der heutigen Form errichtet. Als erste genaue Datierung wird 1461 genannt. Am 17. Juni 1363 gab Erzbischof Gerlach von Mainz den Heimensteinern seine Zustimmung, dass in der Klauskirche ihr Kirchweihfest stattfinden durfte. Seitdem wird die Heimensteiner Kirmes jährlich am 2. und 3. Pfingsttag gefeiert.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche zerstört. Als 1639 der General Königsmark in die Stadt einrückte, war die Bevölkerung zum großen Teil in die Wälder geflüchtet. Er zeigte sich aber den Jesuiten gegenüber sehr freundlich und stellte diesen zwei Schutzbriefe aus. Ohne Plünderung ging es aber auch diesmal nicht ab, u.a. mussten einige Glocken von den Kirchtürmen abgebaut werden.

In der Chronik der Jesuiten ist zu lesen:

„Aber nicht straflos gingen die aus, die gewaltsam Hand an die Kirchen gelegt hatten. Eine Statue der seligen Jungfrau zerschlug jemand mit dem Stock, dafür musste er nach 3 Tagen sterben, von einer Bleikugel getroffen. Ein Hauptmann warf von der Nikolauskirche die Glocke herunter, mit ihr stürzte er dann selber noch herab. Als dieser Sturz den Kommandanten bekannt wurde, fragte er nach dem Schutzpatron der Kirche. Als er dann hörte, es sei Sankt Nikolaus, sagte er nur: ‚So möge Petrus heilen, wen Nikolaus verletzte!‘ …“

Quellen: Bernhard Opfermann: „Die Geschichte des Heiligenstädter Jesuitenkollegs“, Rudolf Linge: „Der Hahn auf dem Kirchturm“ – St. Benno Verlag Leipzig 1978 - Bild: Klauskirche © Thomas Schuster
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