Der „Henker“ von Worbis
Der Scharfrichter (der „mit der Schärfe des Richtbeils oder des Richtschwertes Richtende“) war in jeder mittelalterlichen Stadt eine geheimnisvolle Figur, mit dem man nicht an einem Tisch sitzen wollte. Er wurde auch Nachrichter, Carnifex, Wasenmeister, Henker und im Volksmund auch „Meister Hans“ genannt.
Ihr Handwerk war meist vererbt. Der Scharfrichter musste sich über die Anatomie des Menschen auskennen. Zum Abschluss seiner Lehre wurde eine „Meisterprobe“ durchgeführt. Er musste unter Aufsicht eines Meisters einem Verurteilten „den Kopf nach allen Regeln der Kunst“ abschlagen.
Die Familien blieben unter sich und heirateten untereinander. Ihre Häuser standen meist hinter der Stadtmauer oder im Randbereich weit abgelegen. In Worbis ist das Haus des Scharfrichters Hanschristoffel Görtteler noch erhalten. Wolfgang Trappe schreibt:
„Der Scharfrichter erfüllte beim Schauspiel der Hinrichtungen Hauptfunktionen, während seine Knechte „einfachere“ Verrichtungen wie das Aufschütten der Holzstöße, Errichten von Galgen und Pfählen sowie das Binden der Malefizpersonen zu besorgen hatten.
Gewöhnlich trug der Henker eine Maske, um vor dem „bösen Blick“ seiner Opfer gefeit zu sein. Die Exekution glichen rituellen Zeremonien, die dem Geschehen Opfer- und Verdammungscharakter beigaben. Hinrichtungen steigerten sich zu Exzessen, wenn Gotteslästerinnen, Hexen, zu verbrennen waren. Je nach Strafverschärfungs-Beschluß stäupte oder peitschte man die Unglücklichen, riß sie mit glühenden Zangen, was Entblößen nicht aussparte. Mitunter legte man ihnen das Kapistrum (Mundzaum) an, so daß das Brennen lautlos verlief, während nur das Prasseln des Reisigs oder der Holzscheite zu hören war, begleitet von den unerhörten Gebeten der Priester. …“
Das Heiligenstädter Richtschwert hatte wie weiter Kunstgegenstände 1945 das Interesse der Besatzer geweckt.
Quelle: Wolfgang Trappe: „Alt-Worbis“ – 1989 – Bild: Haus des Scharfrichters mit Zeichnung aus dem 17. Jahrhundert. 2024 © Thomas Schuster Heiligenstadt